top of page

Das grünere Gewächshaus – Nachhaltiges Anbauen unter Glas

Umfragen und Marktforschungsstudien ergeben, dass eine wachsende Zahl von Verbraucher*innen nach nachhaltigen und umweltfreundlichen Lebensmitteloptionen sucht. Zu den wichtigsten Faktoren, die diesen Trend vorantreiben, gehören die Besorgnis über die Auswirkungen der konventionellen Landwirtschaft auf Gesundheit und Umwelt, der Wunsch nach Transparenz im Lebensmittelproduktionsprozess und ein wachsendes Bewusstsein für die Rolle, die die Verbraucher bei der Förderung nachhaltiger landwirtschaftlicher Praktiken spielen können. Obst und Gemüse sind eine der Hauptkategorien, bei denen die Verbraucher ihre Kaufentscheidungen von der Nachhaltigkeit abhängig machen [1].

Eine offensichtliche Frage ist dabei oft, ob lokal im Gewächshaus angebautes Obst und Gemüse nachhaltiger ist als solches, das aus Spanien oder Marokko eingeflogen oder gefahren wird. Die Antwort lautet, wie so oft: Es kommt darauf an.


Gewächshausprodukte können abhängig von verschiedenen Faktoren nachhaltig sein. Nachhaltige Gewächshäuser zielen darauf ab, Abfälle zu reduzieren, Ressourcen zu schonen und die Gesundheit des Bodens durch Praktiken wie integrierte Schädlingsbekämpfung, Wasserrecycling und die Nutzung erneuerbarer Energiequellen zu erhalten. In einem Gewächshaus für Tomaten, das mit Öl beheizt wird, müsste je nach Anbaufläche 1 Liter pro Quadratmeter verbrannt werden. Betrachtet man die von Gewächshäusern bedeckte Fläche, steigt diese Zahl schnell auf eine sehr große Menge an, was zu einem hohen Ausstoß von Kohlendioxid führt. Durch die Nutzung von erneuerbaren Energien, lässt sich diese Menge drastisch reduzieren.

In diesem Monat werfen wir einen Blick auf das Heizen im Gewächshaus und sprechen mit zwei Erzeugern, die in ihren Gewächshäusern erneuerbare Energiequellen nutzen:


Wittenberg Gemüse


“Besonders in unserem Werksverkauf und im Kontakt mit Kundinnen und Kunden merken wir die hohe Nachfrage nach regionalen und nachhaltigen Produkten“, so Kevin van Ijperen, Prokurist bei Wittenberg Gemüse. Der Betrieb hat mittlerweile insgesamt rund 40 Hektar Gewächshäuser in Deutschland, in denen Tomaten, Paprika, Gurken und Erdbeeren angebaut werden. 2009 hat der Betrieb aus den Niederlanden in Sachsen-Anhalt einen perfekten Standort gefunden – denn durch einen benachbartes Stickstoffwerk kann Obst und Gemüse CO2-neutral angebaut werden. Dies funktioniert durch die Abwärme, die in den dortigen chemischen Prozessen ein Überbleibsel ist – für Wittenberg Gemüse jedoch eine willkommene Heizmöglichkeit für ihre Gewächshäuser.

Kevin van Ijperen in einem der Gewächshäuser für Erdbeeren. ©Wittenberg Gemüse
„Wir benötigen eine Heizung für unseren Anbau, und durch diese Kooperation schaffen wir es, dennoch nachhaltig zu produzieren“




, so van Ijperen weiter. Früher wurde das warme Wasser heruntergekühlt und in die Elbe geleitet, nun fließt es durch die Gewächshäuser. Auch das CO2, das als Abfallprodukt aus dem Stickstoffwerk kommt, wird bei Wittenberg Gemüse genutzt. „Wir mischen es mit der Luft und erzeugen so eine höhere Kohlenstoffdioxidkonzentration in der Luft. So haben die Pflanzen optimale Wachstumsbedingungen.“

Der Betrieb kann so täglich CO2 und Kosten sparen. Ihr Ziel?

„Langfristig ist es auf jeden Fall unser Ziel, autark wirtschaften zu können. Daher arbeiten wir neben der Fernwärme unter anderem auch mit Regenwasserspeichern“.


Gemüsebau Steiner


Mehr als 500 Kilometer weiter südlich und immer noch in Deutschland befinden sich die Gewächshäuser von Gemüsebau Steiner. Auch sie haben eine nachhaltige Lösung für die Beheizung ihrer rund 26 Hektar Gewächshäuser gefunden: Geothermie. Ein Bohrloch in der Nähe des Betriebsgeländes ermöglicht es ihnen, ganz ohne fossile Brennstoffe zu heizen. Daneben produzieren sie den Großteil ihres Stroms mit Photovoltaik und nutzen Regenwasserspeicher für die Bewässerung.

Die Tomaten bei Steiner können werden mit Hilfe von Geothermie angebaut. ©Gemüsebau Steiner

"Die Geothermie macht uns unabhängig von fossilen Brennstoffen", sagt Christian Reichtalhammer, Betriebsleiter bei Gemüsebau Steiner. "Das gibt uns Freiheit, gerade in Zeiten unsicherer und steigender Gaspreise". Seit 2014 werden die erneuerbaren Energien für den Anbau verwendet. "Auch, wenn wir noch nicht vollständig autark sind, haben wir doch schon einiges an Unabhängigkeit erreicht. Wenn es dunkel ist, brauchen wir derzeit noch Strom aus externen Quellen“, so Reichtalhammer weiter. Seit letztem Jahr veröffentlicht Steiner auch einen Nachhaltigkeitsbericht über den Anbau. Hier können Verbraucher*innen und Interessierte nachlesen, wie die rund 10.000 Tonnen Obst und Gemüse in Bezug auf Umweltaspekte wie Energie-, Wärme- oder Wasserverbrauch abschneiden.

Und wozu das Ganze? "Bei unseren regelmäßigen Betriebsbesichtigungen stellen wir fest, dass das Interesse der Verbraucher an Anbau und Nachhaltigkeit groß ist." Auch die Regionalität überzeugt viele Kunden.


Neben diesen Praxisanwendungen wird an Nachhaltigkeit im Gewächshaus auch geforscht: So gibt es in den Niederlanden ein Projekt mit dem Namen „Greenhouse 2030“. Hier werden für die Universität Wageningen Methoden erforscht, um den CO2-Ausstoß zu verringern, erneuerbare Energien zu integrieren, ohne Pestizide anzubauen und keine Chemikalien in die Umwelt zu leiten. Auch hier wird mit Ökostrom geheizt und durch die Optimierung der Anbaustrategie können hier sogar Avocados und Vanille angebaut werden. Ein Treiber für diesen Forschungs- und Veränderungsprozess ist die Entscheidung der niederländischen Regierung, alle Gewächshäuser bis 2040 klimaneutral zu stellen.


Die Frage danach, ob Gewächshäuser im Bezug auf das Heizen nachhaltig sein können, kann also eindeutig mit Ja beantwortet werden – wenn der Betrieb bestrebt ist, nachhaltig zu handeln. Durch die erneuerbaren Energien und Partnerschaften wie im Falle Wittenberg schließen sich Zukunftsfähigkeit und der Anbau im Gewächshaus nicht aus.




bottom of page